Neuer Verband der Lohnsteuerhilfevereine durchforstet Wahlprogramme zum Steuerrecht

„Erfreulicher­weise keine radikalen Re­formen, bei Detail­änderungen aber mehr Schat­ten als Licht“, so lässt sich in aller Kürze die Be­wertung des Neuen Ver­bandes der Lohn­steuer­hilfe­vereine e.V. (NVL) zu­sammen­fassen.

 

Für Wirbel sorgen jedoch die Pläne der Opposition, das Ehegatten-Splitting zu streichen. Ob dies entgegen dem Mehrheitswillen in der Bevölkerung durchgesetzt werden kann, ist eine politische Frage. Rechtlich weist der NVL aber darauf hin, dass eine ersatzlose Abschaffung dieses Tarifs ohne Berücksichtigung von Unterhaltspflichten verfassungswidrig wäre. Eine ansatzweise Kompensation ist demgemäß auch in den Programmen von SPD sowie Bündnis 90/Die Grünen vorgesehen. Diese rechtlich zwingenden Ausnahmen und Rückausnahmen dürften jedoch das Steuerrecht weiter verkomplizieren. Dabei würden vor allem Arbeitnehmer benachteiligt. Diese können ihre Einkünfte nicht, wie zum Beispiel Selbständige, auf den Partner übertragen (vgl. auch NVL-Pressemitteilung vom 8.5.2013). Obendrein bleibt der Nutzen dieses Schnitts für Fiskus und Steuerpflichtige unklar.

 

Skeptisch steht der Verband auch dem Vorhaben von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke gegenüber, den steuerlichen Grundfreibetrag von derzeit 8.130 Euro auf bis zu 9.300 Euro zu erhöhen. Jeder leistungsfähige Bürger sollte sich an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen, selbst wenn es nur ein bescheidener Beitrag ist, so der NVL. Eine Aufstockung des Grundfreibetrags, weit über das notwendige Existenzminimum hinaus, stellt eine fragliche Subvention dar. Stattdessen sollten sich die Anpassungen am Steuertarif auf die Beseitigung der kalten Progression konzentrieren, wie sie vorrangig CDU/CSU und FDP vorsehen. „Die starke Zunahme der Grenzsteuersätze betrifft auch Arbeitnehmer, bei denen der Fiskus einen erheblichen Teil von Lohnerhöhungen kassiert“, unterstreicht Jörg Strötzel, Vorstandsvorsitzender des NVL.

 

Die von Schwarz-Gelb angestrebte Erhöhung der Kinderfreibeträge auf den allgemeinen Grundfreibetrag entspricht einer langjährigen Forderung des NVL. Sie wird daher von den Experten ausdrücklich begrüßt! Damit liegt allerdings noch kein Familien-Splitting vor, wie CDU/CSU gern betonen. Dafür müssten die Familien inklusive Kinder ihre Einkünfte zwecks gemeinsamer Steuer zusammenrechnen. Ein derartiger Mehraufwand mit zweifelhaftem Ertrag dürften die Mühen am Ende nicht wert sein (vgl. NVL-Pressemitteilung vom 8.3.2013). Für wenig zielführend hält der NVL auch das Bemühen der FDP um eine Einführung eines Stufentarifs. Demgegenüber wäre eine Glättung des Tarifverlaufs, wie von der Linken favorisiert, sinnvoll. Die gleichzeitig von der Partei ins Spiel gebrachten massiven Steuererhöhungen dürfte die Begeisterung für dieses Detail allerdings deutlich bremsen.

 

Abwartend zeigen sich die Berater vom NVL auch zum Umbau der Abgeltungsteuer, wie sie die Oppositionsparteien planen. Demnach sollen der Steuertarif deutlich steigen bzw. die Steuer wieder ganz in der „normalen“ Einkommensteuer aufgehen. Das wird vom NVL zwar grundsätzlich befürwortet. Jedoch müssten in diesem Fall wieder Werbungskosten abziehbar sein und Verluste aus Kapitaleinkünften konsequent mit anderen Einkünften verrechnet werden dürfen. Eine reine „Brutto-Besteuerung“ der Gewinne dürfte vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben, warnt der NVL.

 

Zum Erreichen der Energiewende unterstützt der NVL die steuerliche Förderung von energetischen Gebäudesanierungen, wie es die Programme der Regierungsparteien vorsehen. Mit Spannung werden konkretere Berechnungen zur ökologischen Dienstwagenbesteuerung von Bündnis 90/Die Grünen erwartet. Danach sollen alternative Antriebe einen Zuschuss erhalten und Verbrennungsmotoren demgegenüber höher besteuert werden. Dabei gilt es zu bedenken, dass sich nicht jeder Unternehmer ein Elektro- oder Hybridfahrzeug leisten kann. Auch die beschäftigten Arbeitnehmer müssten höhere Steuern auf die Nutzung von Firmen-PKW zahlen, obwohl sie auf deren Auswahl oft keinen Einfluss haben.

 

Die Berücksichtigung von Ausbildungskosten der Kinder bei den Eltern hat bedauerlicherweise noch keinen Eingang in die Wahlprogramme gefunden. Ein derartiger Abzug wäre jedoch praxisgerecht und lebensnah. Schließlich kommen ganz überwiegend die Eltern für die Ausbildung des Nachwuchses auf. Nach geltendem Recht können sie jedoch nur Schulgeld an Privatschulen steuermindernd absetzen. Alle übrigen Ausbildungskosten sind Sonderausgaben oder Werbungskosten bei den Kindern selbst. Diese bleiben aber oft mangels Einkünfte ohne wirtschaftliche Vorteile. „Die von uns vorgeschlagene Maßnahme würde dagegen eine punktgenaue Familienförderung bedeuten und den Bildungsstandort Deutschland stärken“, betont NVL-Vorstandsvorsitzender Strötzel.

 

Im Wahlprogramm der SPD nicht näher erläutert ist das Ansinnen, Alleinerziehende weiter steuerlich zu entlasten. Diese Zielsetzung wird vom NVL sehr begrüßt. Die auf der anderen Seite vorgesehene Streichung des Freibetrags für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf konterkariert jedoch das Vorhaben. Vom geltenden Freibetrag profitieren gerade Alleinstehende und Patchwork-Familien durch Übertragung des Anteils vom anderen Elternteil. Der Verband weist zudem darauf hin, dass der Freibetrag sogar von der damaligen Rot-Grünen-Bundesregierung wegen einer Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts eingeführt worden war. Seine Streichung dürfte erneut die Karlsruher Richter beschäftigen.

 

Abschließend drängt der NVL auf notwendige Veränderungen im elektronischen Steuerverfahren. Steuerpflichtige sollten stets wissen, wann und welche Daten über sie von Banken, Versicherungen und Behörden an die Finanzämter gemeldet werden. Dies ist bis heute nicht allgemein rechtlich gewährleistet.

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